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Klopfzeichen von Jonas

Martin Rücker

Kampf gegen ME/CFS: Kleine Wunder und ganz viel Horror

Vor achteinhalb Jahren wurde der Freiburger Abiturient Jonas zum Pflegefall. Er kann sein Bett nicht verlassen, Geräusche und Licht kaum ertragen, zum Sprechen fehlt ihm die Kraft. Über einen der schwersten Fälle von ME/CFS-Fälle in Deutschland.  

21. Juni 2023

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Die erste Begegnung mit Jonas darf nur wenige Augenblicke dauern, es reicht für eine kurze Vorstellung. Langsam sprechen, bloß nicht zu laut. Der 26-Jährige scheint es wahrzunehmen. Sein linker Arm ist angewinkelt, die knochige Hand liegt ruhig auf der Brust, ein wenig oberhalb des Herzens. Wenn die Hand still ist wie ein Stein, hört er zu.


Wer Jonas besucht, ist auf solche Übersetzungen angewiesen. Für bewusste Bewegungen fehlt Jonas meist die Kraft, zum Sprechen ohnehin. Er hat den Kopf zur Seite gedreht, während ein hautfarbener Waschlappen seine Augen verbirgt und Silikonstöpsel die Ohren schützen. Licht und Lärm verursachen Schmerzen. Auch wenn er, an besseren Tagen, für kurze Zeit die Augen öffnet: Sein Gegenüber zu fokussieren, gelingt ihm nicht. Das türkisblaue Meer und die bergige Küste auf dem Foto gegenüber seinem Bett – Jonas hat es wohl noch nie betrachtet.


Mehrere Ärzte haben seine Diagnose bestätigt: Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS. Die Multisystemerkrankung wurde bekannt als schwerste Ausprägung von Post Covid, doch es gab sie lange vor der Pandemie, häufig infolge von Virusinfektionen. Gesicherte Zahlen fehlen, allein in Deutschland sind es wohl mehrere hunderttausend Fälle. Jonas gehört zu den schwersten.


Seine Krankengeschichte beginnt Ende 2013, kurz nach dem 17. Geburtstag, und vermeintlich harmlos: mit einer einfachen Erkältung. Der Schüler wird nicht gesund, fühlt sich zunehmend erschöpft, kann sich kaum mehr konzentrieren. Zum Abi schleppt er sich noch. „Mit letzter Kraft“, wie seine Eltern heute sagen.


Das türkisblaue Meer auf dem Foto erinnert an den letzten Familienurlaub, im Sommer 2014, nach dem Abi. In Norditalien läuft Jonas schwerfällig, schafft es, langsam ein wenig zu schwimmen. Nach der Rückkehr bricht er zusammen. Er wird zum Pflegefall und bleibt es.


Bis heute sind achteinhalb Jahre vergangen: Achteinhalb Jahre, in denen seine Mit-Abiturienten studieren und Jobs annehmen, sich verlieben und trennen, durch die Welt reisen und das Leben feiern – Jonas verbringt sie in seinem Pflegebett, ernährt über eine Sonde. In den ersten Monaten habe er vor Schmerzen geschrien, während seine Eltern stündlich die Kühlkissen auf fünf, sechs, sieben Stellen seines Körpers wechseln, weil nur das ein wenig Linderung verspricht, während sie mit mehreren Wärmflaschen an anderen Stellen gegen die Kälte ankämpfen.


Vater wirft Klinik „Katastrophale Fehlbehandlung“ vor


Jonas‘ Vater Christian ist ein hagerer und groß gewachsener Mann, der den Kopf einziehen muss, wenn er durch eine Tür geht. Auf dem Esstisch hat er den Laptop und einen Ordner mit Unterlagen ausgebreitet, die festhalten, was die Familie in all den Jahren erlebt hat: Ärztebriefe und Laborbefunde, Korrespondenz mit Kliniken und Behörden. Allein gut 3.000 E-Mails sind zusammengekommen. Auf diesen Dokumenten und auf den Berichten der Familie basiert dieser Artikel.


Was Jonas krank gemacht hat, verraten die Unterlagen nicht. Eine frühere, unbemerkte Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus? Borrelien? Womöglich spielte auch genetische Veranlagung eine Rolle – Andrea, Jonas‘ Mutter, ist selbst seit 20 Jahren an ME/CFS erkrankt. Arbeiten kann die Ernährungswissenschaftlerin nicht, doch zu Hause kämpft sie sich durch den Alltag.


Während das Babyfon jeden lauteren Atemzug von Jonas ins Wohnzimmer überträgt, fällt der Blick auch hier auf ein Bild aus besseren Zeiten: eine Landkarte. Sie tapeziert fast die ganze Wand hinter dem Tisch, handgemalt und zusammengeklebt aus einzelnen A-4-Blättern, eine detailreiche Fantasiewelt voller Straßen, Meere und Landschaften. Jonas, einst begeisterter Wanderer mit Faible für Geografie, hatte sie als 11-Jähriger entworfen. Auch Atlantis zeichnete er darauf. In Jonas‘ Karte liegt das sagenumwobene Inselreich zwischen einem „verwinkelten Sumpf“ und „Venedig“, von dort aus, wie eine dünne rote Linie markiert, in 40 Minuten mit der Fähre zu erreichen.


Nur ein Dutzend Schritte wären es für Jonas bis zu seiner Karte, doch für ihn ist das Wohnzimmer so unerreichbar wie für Forscher das versunkene Atlantis. Das Bild, das er von der Wohnung hat, in der er seit dem vergangenen Jahr wohnt, er kennt es nur aus den Erzählungen seiner Familie.


„Wenn er sich ärgert, schafft er es manchmal, ein einzelnes Wort herauszuhauchen“, sagt der Vater. Meist läuft die Kommunikation vor allem über spärliche Klopfzeichen. Ein kleines Geräusch, eine merkliche Unruhe machen den Anfang. Dann möchte Jonas sich mitteilen. Es beginnt ein „Ratespiel“: Möchtest du etwas sagen? Könnte es dies sein? Oder jenes? Wenn Jonas‘ Familie Glück hat, so klopft er sich mit dem Finger auf die Brust, als Bestätigung, das Richtige erkannt zu haben. Auf diesem Wege, sagt Christian, habe Jonas darum gebeten, öffentlich über seine Erkrankung zu sprechen.


Belastungsintoleranz als Kardinalsymptom


Eine Erkrankung, die Jonas‘ Familie immer wieder an ihre Grenzen bringt. Im November 2014 – er liegt zum dritten Mal binnen eines Jahres in der Freiburger Uniklinik – schreibt Christian eine E-Mail an seine Geschwister, Betreff: „Horror und Wunder“. Jonas, 1,82 Meter groß, sei auf weniger als 42 Kilogramm abgemagert, zeige „typische Anzeichen des Verhungerns“. Bitter fügt er an: „Einen schwerstkranken Sohn zu haben, ist Belastung genug, aber auch noch gegen Ärzte und eine ganze Klinik kämpfen zu müssen, treibt einen an den Rand der Verzweiflung.“


Wer verstehen möchte, was ihn umtrieb, muss PEM kennen, die Post-Exertionelle Malaise. ME/CFS-Betroffene leiden an den unterschiedlichsten Symptomen, doch PEM haben sie gemein: Überschreiten sie ihre Grenzen, folgt ein Crash. Die Symptome verschlimmern sich, nicht selten dauerhaft. Weil bereits Lichtreize und Geräusche überlastend sein können, sind Kliniken mit ihren Standard-Zimmern und betriebsamen Gängen auf ME/CFS-Patienten nicht ausgelegt. Viele von ihnen sind zu krank für ein Krankenhaus.


So ging es auch Jonas, sagen seine Eltern. Vorher sei er schwach gewesen, doch er konnte laufen, redete. Auf die drei Aufenthalte in der Uniklinik führen sie es zurück, dass Jonas dauerhaft zum Schwerstkranken wurde. Alle Ärzte, sagt Christian, hätten das Beste gewollt – dennoch spricht er von einer „katastrophalen Fehlbehandlung“: Weil die Klinik ME/CFS nicht erkannt, auf die Besonderheiten keine Rücksicht genommen habe.


ME/CFS: Seit mehr als 50 Jahren gelistet – bis heute oft verkannt


1969 kategorisierte die Weltgesundheitsorganisation das Syndrom als neurologische, also organische Erkrankung. 1994 kritisierte eine deutsche Regierungskommission, dass Ärzte sie zu leichtfertig als „psychosomatisch-psychiatrische Störung“ einstuften. Die Bundesärztekammer und das Robert Koch-Institut benennen körperliche Ursachen, eine erhöhte Immunaktivität, Entzündungsprozesse, Virusreste oder Autoantikörper im Blut. Doch weil Ärzte mit ihren Standarduntersuchungen davon nichts bemerken, glauben viele weiter an rein psychische Probleme.


Jonas‘ Unterlagen zufolge vermuten auch die Freiburger Klinikärzte seelische Belastungen hinter den Beschwerden, eine „atypische Essstörung“, eine „somatoforme Schmerzstörung“. Weil Jonas empfindlich auf Reize reagiert, interpretieren sie: Der Patient will sich „abschotten“. Seine Schwäche: Verweigerung von Hilfe.


Die Deutung hat Folgen für die Therapie. „Man zwang ihn zur Aktivierung ohne Pausen“, sagt Christian. Ein Einzelzimmer sei Jonas verwehrt worden, statt Schonung Physiotherapie angesetzt worden. Als er zu schwach ist, die nur wenige Zentimeter entfernte Teetasse zum Mund zu führen, habe die Pflegeleiterin ihm die Hilfe verwehrt – weil der durstige Patient sich bewegen sollte. Und während ein Psychiater seinen Sohn befragt, trotz extremer Erschöpfung und obwohl der signalisiert, nicht mehr zu können, habe Jonas schließlich den Alarmknopf ausgelöst, um von dem Arzt befreit zu werden. Vieles hält Christian in Notizen fest, unabhängig prüfen lässt es sich nicht.


Ein Sprecher des Uniklinikums teilt auf Anfrage mit, dass er sich zu einem so weit zurückliegenden Fall nicht detailliert einlassen könne. Die Kritik, die ähnlich auch von Selbsthilfegruppen bereits geäußert wurde, nehme man jedoch sehr ernst. „Die Sensibilisierung zum Thema ME/CFS hat allgemein, aber auch am Universitätsklinikum Freiburg, in den letzten Jahren zugenommen“, so der Sprecher. Er betont, dass aus Sicht des Krankenhauses „am häufigsten“ organische Auslöser – auch „unverstandene“ – für eine ME/CFS-Erkrankung verantwortlich sein dürften. Diese führten „zu Symptomen mit psychosomatischem Charakter“, zur Therapie aber gebe es bislang keine von den Fachgesellschaften anerkannten Leitlinien.

 

Am 18. November 2014 setzt Jonas in krakeliger Handschrift seinen Namen unter eine Erklärung, mit der er die Ärzte im Uniklinikum darum bittet, „so schnell wie möglich nach Hause“ zu dürfen. Es ist bis heute das letzte Dokument, das Jonas unterschrieben hat.


Institut: „Schwerwiegende Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen“


Nach längerem Hin- und Her lassen sich die Ärzte darauf ein, Jonas eine Magensonde zu legen. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass seine Eltern ihn zu Hause pflegen können. Es ist, neben all dem „Horror“, das „kleine Wunder“, von dem Christian seinen Geschwistern in der Mail berichtet.


Doch der Horror ist damit nicht vorbei. Wie die Uniklinik drängt auch eine Hausärztin zur Weiterbehandlung in einer psychosomatischen Klinik. 2015 beantragt sie beim Amtsgericht, einen Vormund für Jonas zu bestellen, der dann eine Zwangseinweisung durchsetzen könnte. Andere Ärzte überzeugen das Gericht schließlich, dass der junge Mann bei seinen Eltern gut aufgehoben sei.


So erfährt die Familie hautnah, welche Konflikte in der Ärzteschaft um die Erkrankung brodeln, für die bis heute eine heilende Therapie fehlt: Die einen erkennen ME/CFS und PEM als körperlich verursachte Symptome an und raten Patienten, ihre individuellen Belastungsgrenzen unbedingt einzuhalten, um nichts zu verschlimmern. Andere, vor allem Psychosomatiker, empfehlen möglichst viel Aktivität, im Glauben, damit einer „Dekonditionierung“ entgegenzuwirken.

Der Streit ist bis heute aktuell – und hoch politisch. Was am besten der Aufstand zeigt, den das unabhängige, evidenzbasiert arbeitende Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auslöste, als es im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums das Wissen über ME/CFS zusammenzufassen sollte.


Im vergangenen Oktober stellte es einen Entwurf zur Kommentierung ins Internet – und rückte darin ausgerechnet eine Therapie in gutes Licht, die auf einer sich immer weiter steigernden Aktivierung beruht. Zur Begründung verwies das Institut vor allem auf eine britische Studie, die grobe wissenschaftliche Mängel aufwies und PEM gar nicht berücksichtigte. Monatelang bekämpften sich Wissenschaftler hinter den Kulissen, auf Podien und in sozialen Medien. Betroffene starteten Postkartenaktionen an das Institut und verwiesen auf unzählige Erfahrungsberichte, in denen Patienten beschreiben, wie ausgerechnet eine solche Aktivierungstherapie zu bleibenden Schäden geführt habe.


Vor wenigen Wochen nun legte das IQWiG seinen finalen Bericht vor. Er unterscheidet sich deutlich vom Entwurf: Der Nutzen der gestuften Aktivierungstherapie? Fraglich. Ein „relevanter Nachteil durch schwerwiegende Nebenwirkungen“ hingegen sei nicht ausgeschlossen. Damit steht fest, dass kein Arzt sich mehr auf Evidenz berufen kann, will er die gestufte Aktivierungstherapie empfehlen. Allein: Wie schnell sich das herumspricht, ist eine andere Frage.


»Cha, Cha-Cha, Cha-Cha-Cha-Cha«


Die zweite Begegnung mit Jonas folgt nach einer Stunde Pause, im Schlepptau von Julian, Jonas‘ jüngerem Bruder. Trotz der vier Jahre Altersunterschied seien sie stets „wie Zwillinge“ gewesen, sagt der 22-Jährige. Nun schaut er täglich am Pflegebett vorbei, um von der Welt zu berichten.


Mit einem dezenten Räuspern macht er sich bemerkbar, legt kurz seinen Arm auf die Schulter des Älteren, kniet sich auf einen Drehstuhl und lehnt sich ans Geländer des Pflegebettes. „Ich wollte dir ja noch vom ESC erzählen“, sagt Julian leise. Jonas Finger‘ zucken leicht nach oben. Kurz warten, heißt das, er muss das erst verarbeiten.


So detailverliebt, wie Jonas seine Landkarte gezeichnet hatte, malt Julian mit Worten ein buntes Bild vom Eurovision Song Contest, der wenige Tage zuvor ausgetragen wurde. Er beschreibt die auffliegenden Lichtstrahlen der Scheinwerfer, die schrillen „You wanna see me dance?“-Rufe der israelischen Sängerin, das markante Kostüm des finnischen Rappers, jene quietschgrünen Bizepsadaptionen auf nacktem Oberkörper. „Cha, Cha-Cha, Cha-Cha-Cha-Cha“, singt Julian. Seine schulterlangen, blonden Haare fliegen über die Bettdecke des Pflegebetts. „Das hab‘ ich jetzt nur geflüstert gemacht, aber stell’s dir in laut und rockig vor.“


Jonas verfolgt alles mit leicht geöffnetem Mund.


Für eine kurze Zeit, 2015, konnte er selbst wieder Musik hören. Die Antibiotika-Therapie einer Borreliose-Expertin hatte die Schmerzen vertrieben. „Wie wachgeküsst“ sei der Junge, schreibt Vater Christian in einer E-Mail an seine Familie: Jonas führte Gespräche, lachte. Nach einigen Monaten aber kehrten erst die Kopfschmerzen zurück und dann diese bleierne Schwäche. Seitdem ist an Musik und Gespräche nicht mehr zu denken.


Für Andrea, Christian und Julian bedeutet das: 16 Stunden Pflegebedarf am Tag. Zwei Stunden allein nimmt das Vorbereiten der Sondennahrung ein, das Kochen und Pürieren, das Abwiegen der Nährstoffe, exakt nach dem Rat des Hausarztes und berechnet mithilfe einer Excel-Tabelle, weil Jonas fertige Nahrung nicht verträgt.


Hohe Kosten, privat gezahlt


Um alles zu schaffen, musste Christian seinen Job aufgeben. Dass der Kaufmann heute wieder im öffentlichen Dienst arbeiten kann, ist nur möglich, weil die Familie eine Pflegehilfe angestellt und in der eigenen Wohnung untergebracht hat. Auf durchschnittlich 40.000 Euro im Jahr summierten sich die Ausgaben dafür, für Laboruntersuchungen und private Arztrechnungen, für Nährstoffe und Medikamente. Seit dem vergangenen Jahr übernimmt das Sozialamt das Gehalt der Pflegekraft, erst damit ist die Familie abgesichert.


Das schützt nicht vor Unvorhergesehenem. Jonas übersteht eine Corona-Infektion, eine schwere Lungenentzündung – und einen Gasalarm: Als Nachbarn vor einigen Jahren Probleme mit ihrer Heizung haben, ordneten Behörden kurzfristig die Räumung der Wohnung an. Doch weil es unmöglich war, mit Jonas aus dem zweiten Stock herauszukommen, harrte der Vater mit ihm zu Hause aus. Es war einer der Anstöße für den Umzug aus der Stadt ins Umland im vergangenen Jahr, den Jonas nur sediert bewältigen konnte. Nun wohnt die Familie ebenerdig und hat eine Rettungstrage zu Hause, für den Fall der Fälle.


Wie viel er heute von den Besuchen wahrnimmt? Sehr viel, ist Julian sicher. Als er dem Bruder im Verlauf der Fußball-WM den aktuellen Spielplan vorrechnete, sei Jonas einmal ganz unruhig geworden – offenbar hatte er sich Julians Berichte der Vortage genau eingeprägt und bemerkt, dass er nun eine Mannschaft irrtümlich in die falsche Gruppe einsortiert hatte. Und tatsächlich gibt es seit einem Jahr leichte Verbesserungen. Ohne sie wäre ein Besuch undenkbar gewesen. Mal öffnet Jonas die Augen, mal kann er Arme und Beine ganz leicht bewegen.


Nur was, wenn Vater Christian, den die Bandscheiben plagen, einmal ausfällt?


Irgendwie durchhalten, das ist der Plan. In der Hoffnung darauf, dass die Ampel-Koalition in Berlin ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, bessere Versorgungsstrukturen für ME/CFS-Erkrankte zu schaffen, vielleicht doch noch erfüllt. Und vor allem darauf, dass die Forschung, die durch Post Covid immerhin ein wenig Geld erhalten hat, endlich ein Medikament hervorbringt.


Vielleicht ist es wie die Suche nach Atlantis, dem versunkenen Inselreich. Wenn es existiert, irgendwo da draußen, Jonas Familie wird hinreisen, durch noch so verwinkelte Sümpfe, auch ohne Fähre von Venedig. „Wir würden alles probieren“, sagt Andrea. 



Julian legt zum Abschied seinen Kopf auf die Brust seines Bruders. Morgen, hat er versprochen, wird er Jonas vom deutschen ESC-Auftritt erzählen. Von „Lord of the Lost“ also, dem Herrn der Verlorenen.


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Der Text erschien in ähnlicher Form in der Badischen Zeitung, der taz und bei riffreporter.de.

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