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Plastik aktuell

Martin Rücker

Post-Werbesendung »Einkauf Aktuell«: Umweltziele kassiert

Eigentlich sollte die wöchentliche Werbesendung „Einkauf Aktuell“ bundesweit nur noch mit Papierbanderole statt Plastikfolie gebündelt werden. Doch bei der Umstellung hakt es – die Deutsche Post musste ihre Umweltziel kassieren. 

06. Februar 2023

In einer Auflage von gut 20 Millionen Stück landet „Einkauf Aktuell“ jede Woche in den Briefkästen der deutschen Ballungsgebiete. Ein Stapel Werbeprospekte, ergänzt um ein dünnes Fernsehprogrammheft – und vielerorts auch weiterhin eingeschweißt in Plastikfolie. Eigentlich hätte damit bereits Schluss sein sollen. Ist es aber nicht.


Vor zweieinhalb Jahren hatte die Deutsche Post AG angekündigt, ihr Werbepäckchen „bis Ende 2022 deutschlandweit vollständig ohne Plastik auszuliefern“. Damit ist sie gescheitert. Auf Anfrage räumte das Unternehmen deutliche Verzögerungen ein.


„Einkauf aktuell“ gibt es bereits seit 20 Jahren, und relativ schnell begann auch eine Diskussion über die ökologischen Aspekte. Kunden beklagten sich über die Folie, die das Bündel Prospekte zusammenhält und die Zustellung erleichtert. Vor einigen Jahren forderten annähernd 200.000 Menschen per Petition einen Verzicht auf die „unnötigen Plastiktüten“ – immerhin mehr als eine Milliarde Stück pro Jahr. 2018 veröffentlichte die Deutsche Post eigens eine 12-seitige „Umweltbroschüre“ zur Werbesendung. Darin ist zu lesen, dass das Papier des Anzeigenblättchens mit dem Ökosiegel „Blauer Engel“ ausgezeichnet und das Material für die Folie bereits verbessert worden sei: Das verwendete Polyethylen (PE) sei nur noch 0,015 Millimeter stark und damit deutlich dünner als ein menschliches Haar. „Ein Wechsel zu einer Alternative bringt keinen ökologischen Vorteil“, hieß es in der Broschüre.


Neues Ziel: Ende 2023


Wenig später entdeckte die Post mit einer schmalen Papierbanderole dann doch noch eine geeignete Alternative. „Studien im Markt zeigen, dass Papier im Lebenszyklus gegenüber PE-Folie eine positivere CO2-Bilanz aufweist“, erklärt Post-Sprecher Alexander Edenhofer.


Beim Testlauf der Banderole in der Region Flensburg im Jahr 2020 waren Anzeigenkunden wie Empfänger zufrieden. Bei der vollständigen Umstellung aber hakt es. „Deutlich mehr als die Hälfte der Auflage“ werde inzwischen banderoliert, so Edenhofer, in 14 Regionen – darunter das Rhein-Main-Gebiet – sei die Plastikfolie Geschichte. Mancherorts musste die Post zuletzt jedoch kurzfristig den bereits eingeführten Papierstreifen wieder durch die alte Kunststoffhülle ersetzen: Aufgrund von „technischen Probleme an einzelnen Banderoliermaschinen“ habe man interimsweise wieder auf die Folie umgerüstet.


Die Technik ist es auch, die dem großen Ziel – einer Umstellung bis Ende vergangenen Jahres – einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. „Es konnten wichtige Maschinenbauteile für weitere Banderolierungsmodule zur Umrüstung auf Papierbanderole nicht produziert und angeliefert werden“, begründet der Post-Sprecher. Das Unternehmen könne diese Verzögerung „nicht beeinflussen“. Die „vollständige Umstellung“ solle nun „bis zum Ende des Jahres 2023 erfolgen“.


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) äußert Kritik. „Die Umstellung kommt zu spät und ändert nichts an der klimaschädlichen Herstellung von Millionen ungelesener Werbeprospekte“, sagt Dolores Birk, DUH-Referentin für Kreislaufwirtschaft. Um eine unerwünschte Verteilung zu vermeiden, fordert sie eine Umkehr des Zustellungsprinzips: Werbesendungen sollten künftig nur noch an jene Haushalte verteilt werden, die einen „Werbung, ja bitte!“-Hinweis an ihrem Briefkasten anbringen. 


Dieser Text erschien zuerst in der Frankfurter Rundschau.

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